Veranstaltung: | KjG Bundeskonferenz 2023 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | TOP06 Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | DV RoSt, DV Berlin |
Eingereicht: | 04.06.2023, 11:45 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Klima schützen ist kein Verbrechen!
Beschlusstext
Die Bundesregierung ignoriert seit Jahren das geltende Klimaschutzgesetz und die
sich immer weiter verschärfende, menschengemachte Klimakatastrophe. Das entzieht
uns und künftigen Generationen die Lebensgrundlage. Statt das letzte verbliebene
Handlungsfenster zu nutzen, erwägt die Bundesregierung hingegen das
Klimaschutzgesetz aufzuweichen. Damit handelt sie und trifft Beschlüsse gegen
die Werte des Grundgesetzes, gegen die Urteile von Gerichten, sowie die
Botschaft des Evangeliums. Die Bundesregierung hört mehr auf einzelne
Lobbyist*innen fossiler, kapitalistischer 'Unternehmen als auf die Forderungen
einer breiten Öffentlichkeit. Sie schwächt durch ihre Verweigerungshaltung das
Vertrauen der jungen Generation in unser demokratisches System.
Seit Jahren kämpfen wir1 und eine breite Masse weltweit für das Einhalten des
Pariser Klimaabkommens, das Eindämmen der Treibhausgas-Emissionen und die
Bewahrung der Schöpfung. Deshalb rufen wir weiterhin dazu auf, sich
klimapolitisch zu engagieren und sich öffentlichkeitswirksam für eine
klimagerechte Politik einzusetzen. Dies beginnt bereits bei kritischen und
konstruktiven Gesprächen im persönlichen Umfeld, in unseren Strukturen auch bei
der Arbeit der Gruppen vor Ort und geht über Bildungsarbeit, hin zu
klimapolitischem Aktivismus und Interessenvertretung in der Politik.Es bedarf
einer gesamtgesellschaftlichen Bewegung, die die Klimakatastrophe anerkennt und
politisches Handeln erzwingt.
Vor allem der laute, bunte und gewaltfreie Protest in Orten, wie Lützerath, dem
Dannenröder und Hambacher Forst, die vielen Tagebauen etwa in NRW und der
Lausitz, müssen für uns Vorbild sein. Diese Orte einen die vielfältige Form des
Widerstandes in Verbindung mit dem Rückhalt der lokalen Bevölkerung.
Die fossilen Lobbyist*innen, Politiker*innen und Medienschaffenden diffamieren
jedoch kontinuierlich Aktivist*innen und verbreiten Falschinformationen;
insbesondere durch Verwendung bewusst aufgeladener oder gewaltvoller Begriffe.
Diese sprachliche Gewalt überträgt sich mittlerweile auf die besetzten Straßen
und mündet auch in gewalttätigen Übergriffen gegen friedliche Demonstrant*innen.
Wir solidarisieren uns mit allen, die ihre eigene körperliche Unversehrtheit und
ihre eigene Freiheit für die im Pariser Klimaabkommen gesetzten Klimaziele aufs
Spiel setzen. Wir erkennen an, dass ziviler Ungehorsam2
angesichts einer weiter eskalierenden Klimakrise legitim ist. Genauso legitim
ist es staatliches Handeln als unzureichend zu bewerten und öffentlich zu
benennen. Wir verurteilen die ungerechtfertigt übertriebene Reaktion auf
legitime Kritik. Staatliche Institutionen müssen den zugrunde liegenden
Generationenkonflikt aufdecken und bearbeiten statt ihn durch völlig
unangebrachtes Vorgehen zu befeuern. Wir verurteilen das unverhältnismäßige
Vorgehen staatlicher Institutionen und Politiker*innen gegen Klimaaktivist*innen
und fordern eine Aufarbeitung der bereits erfolgten unverhältnismäßigen
Vorgänge.
________________________________________
1KjG Buko 2020, Beschluss, “Klimaschutz jetzt!”
2Unter zivilen Ungehorsam verstehen wir: “Der “zivile Ungehorsam” meint die
gezielte, provokative, dabei zugleich begrenzte und auch gewaltfreie, insoweit:
symbolische Regelverletzung unter den Augen der Öffentlichkeit. Er dient nicht
der unmittelbaren Durchsetzung egoistischer Eigeninteressen, sondern der
Verdeutlichung moralisch-politisch begründeter Anliegen, die in der bestehenden
Verfassungsordnung anerkannt sind, jedoch aktuell - nach Auffassung der
Akteur*innen des zivilen Ungehorsams - keine ausreichende Berücksichtigung in
den institutionalisierten Formen der politischen Willensbildung finden.” in
Evangelisches Staatslexikon, Heun/Honecker/Morlock/Wieland, Widerstandsrecht, V.
Ziviler Ungehorsam, 2006 Stuttgart.
Begründung
Lützerath lebt. Es wurde im Frühjahr dieses Jahres endgültig geräumt, aber in unseren Herzen und Köpfen lebt es weiter. Auch wir als KjG konnten nicht länger dabei zusehen, wie entgegen unseren nationalen Verpflichtungen zum 1,5° Ziel, weitere Flächen für den Braunkohle-Abbau erschlossen werden sollten. Darum haben auch wir den Aufruf gestartet, sich den Protesten vor Ort anzuschließen, dem viele unserer Mitglieder gefolgt sind. Allerdings müssen wir eingestehen, dass ein erstmaliges Befassen mit Widerstand vor Ort zu spät kommt, wenn keine zwei Wochen später die endgültige Räumung zu Ende ist.
Vor der Insel Rügen soll ein neues LNG-Megaprojekt gestartet werden, das Deutschland und Europa erneut für Jahre in Abhängigkeit von fossiler Infrastruktur bringen würde. Hier bildet sich bereits vielfältiger Widerstand gegen den Ausbau. Aktuell hat sich RWE als größter Investor zurückgezogen. Die Bundesregierung forciert dennoch weiterhin den Ausbau der LNG-Terminals vor der Insel, ohne die Stimmen der Bevölkerung vor Ort wahrzunehmen.
Aufgrund unserer zahlreichen Beschlusslagen zur Klimakatastrophe und unserer eindeutigen Haltung gegenüber den Versäumnissen aller Industrienationen, wollen wir in Zukunft aktiver und lauter protestieren. Wir sind besonders gut darin, Anträge zu schreiben, zu diskutieren und zu beschließen. Jetzt geht’s auf die Straße!